...es gibt immer eine Lösung!


Wertschätzung erfolgt nur dann, wenn der Wert geschätzt werden kann.
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Beruf(ung)

Berufung

Viele Menschen möchten ihre Berufung zum Beruf machen, aber nur wenige wissen überhaupt, was ihre Berufung ist und noch weniger können damit Geld verdienen.
Ein Job ist eine Arbeit, mit der man Geld verdient, ein Beruf ist das, wofür man ausgebildet ist und Berufung bedeutet, das zu tun, was einem Spaß macht.

Wie aber findet man seine Berufung? Darauf habe ich keine Antwort, denn die liegt in jedem selbst.

Luca Rohleder hat es in seinem Buch "Die Berufung für Hochsensible" wie folgt definiert:

Zitat L. Rohleder:

"Sie sind dazu berufen, Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln, die das Leben von Endverbrauchern verbessern oder verschönern."

Laut Rohleder beziehen hochsensible Menschen ihren Arbeitsspaß aus den folgenden vier Punkten:

  • Reaktionen
    Sie möchten bei anderen (positive) Emotionen wie Dankbarkeit auslösen.
  • Selbstachtung
    Sie möchten etwas leisten, auf das sie stolz sein können.
  • Abwechslung
    Sie möchten unterschiedliche Menschen erleben und brauchen unterschiedliche Herausforderungen.
  • Verstehen
    Sie möchten nicht sich, sondern andere verstehen.

Bei der Suche nach der Berufung stehen also eher die Interessen des Gegenübers im Vordergrund, um die eigenen Bedürfnisse zu erfüllen.

Obwohl ich nicht alle Ansichten teile, kann ich diese Aussagen durchaus nachvollziehen und bestätigen.
Ich bin u.a. verantwortlich für die Konzeption, Entwicklung und den Support eines Software-Management-Tools, das zwar nicht unbedingt das Leben der Nutzer verbessert oder verschönert, aber die Arbeitsabläufe unterstützt (und kontrolliert). Die größte Befriedigung ziehe ich dabei aus der Konzeption und Entwicklung neuer Features, die tatsächlich den Anwendern dienen und von diesen dementsprechend geschätzt werden.
Was gibt es besseres als eine Leistung, auf die man selbst stolz ist und für die andere dankbar sind?

Um diesem Ziel aber gerecht zu werden, scheint die sinnvollste Lösung eine Selbstständigkeit zu sein.

Selbstständigkeit

Arbeitgeber und Arbeitnehmer in perfekter Symbiose gibt es für Hochsensible nur in der Selbstständigkeit als Einzelkämpfer oder Unternehmer.

Hochsensible haben einen hohen Anspruch, möchten unabhängig sein, sind Freigeister und sind im Inneren eigentlich eher Arbeitgeber.

Dagegen spricht aber häufig ein hohes Sicherheitsbedürfnis, die Unfähigkeit, schnelle, unpopuläre oder gar unsoziale Entscheidungen zu treffen und ein mangelhaftes Selfmarketing.

Ich könnte mir z.B. durchaus vorstellen, ein Kleinunternehmer mit ein paar Mitarbeitern zu sein. Dazu fehlen mir allerdings die passende Geschäftsidee, das gewisse Standing und der entsprechende Mut – also eigentlich alles Wesentliche.

Arbeitsmarkt

Hochsensible Menschen haben es schwerer, einen passenden Job zu finden und einige wechseln auf ihrer Suche häufig den Arbeitgeber, weil sie es nicht lange in einem unpassenden Job aushalten. Andere halten trotz widriger Umstände an ihrem Job fest und sind unzufrieden oder werden krank.
Viele Hochsensible kommen aber auch sehr gut in ihrem jeweiligen Job klar ohne überhaupt etwas von ihrer Hochsensibilität zu wissen.

Den typischen Beruf für Hochsensible gibt es nicht (mehr). Man findet sie in allen Berufssparten, häufig aber im kreativen oder sozialen Bereich.

In einer (Arbeits-)Welt, die auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist, in der Quantität mehr zählt als Qualität, jeder austauschbar zu sein hat und die Wertschätzung des Einzelnen als unwichtig oder gar kontraproduktiv angesehen wird und der Lauteste gewinnt, scheinen hochsensible Menschen mittlerweile fehl am Platz zu sein.

Aber diese Welt wird von Menschen gemacht und so schnell wird sich daran auch nichts ändern, auch nicht durch die Aufklärung über Hochsensibilität.

Jeder muss es selbst in die Hand nehmen.

Arbeitsverhältnis

Laut Gesetz ist es die Pflicht eines Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer 'als Dank' einen Lohn zu zahlen. Zu zusätzlicher Anerkennung, Lob oder Wertschätzung ist er nicht verpflichtet.
Die Hauptaufgabe des Arbeitgebers ist es, ein Unternehmen zu führen, das Gewinne erwirtschaftet.

Die Pflicht des Arbeitnehmers ist es, seine Arbeit seinen Fähigkeiten entsprechend zu leisten. Weder darf er bewusst zu wenig (oder zu langsam) arbeiten noch muss er über seine Grenzen hinausgehen.

Es ist ein Geschäft – Leistung gegen Geld – nicht mehr und nicht weniger.

Stärken und Schwächen

Hochsensible Menschen bringen viele Fähigkeiten mit, die in der Arbeitswelt geschätzt werden, aber ebenso viele, die nicht erwünscht sind.

Stärken und Schwächen

Hochsensible Menschen sind prädestiniert dafür, Stimmungen wahrzunehmen, komplexe Zusammenhänge zu erfassen, Lösungen zu finden und Unstimmigkeiten zu erkennen.
Sie sind zuverlässig, gewissenhaft und idealistisch und identifizieren sich mit der Firma, für die sie arbeiten.

Andererseits haben sie ein hohes Rückzugsbedürfnis, sind häufig gereizt und wenig stressresistent, brauchen lange für Entscheidungen, neigen zu Perfektionismus und werden als Querulanten wahrgenommen.

Die Liste lässt sich noch weiter fortsetzen, aber es wird deutlich, dass jede Medaille zwei Seiten hat. Es gibt hochsensible Menschen eben nur im Gesamtpaket. Sie sind die leisen Mitarbeiter im Hintergrund und gehören eher in die 2. Reihe als an die Front.

Viele der oben genannten Eigenschaften treffen auch auf mich zu.
Eine meiner Stärken ist mein analytischer Verstand und mein Arbeits- und Denktempo. Ich kann Aufgaben in der Hälfte der Zeit erledigen, kann dieses Tempo aber nicht ununterbrochen halten. Für komplexere Themen brauche ich am Anfang länger, habe dann aber einen guten Gesamtüberblick.
Ich bin teamfähig, solange ich in meinem Kompetenzbereich das Sagen habe, sehr Fehler-kritisch auch anderen gegenüber und im Gegensatz zu früher eher nicht leise, sondern verschaffe mir Gehör.

Umgebung

Die Umgebung spielt für hochsensible Menschen eine besondere Rolle.
Für viele ist es nicht denkbar, in einem Großraumbüro oder gar in einer Produktionshalle zu arbeiten, in der grelles Licht und ein hoher Geräuschpegel herrscht.
Ebenso spielt das Betriebsklima eine außerordentliche Rolle.

Jeder sollte selbst prüfen, inwieweit Änderungen möglich sind und diese dann auch ansprechen, ohne zu hohe Erwartungen zu haben. Dabei ist ein Hinweis auf Hochsensibilität nicht erforderlich.
Ein guter Arbeitgeber wird im Rahmen der Möglichkeiten darauf reagieren.

Lösungsansätze können sein, die ein oder andere Lampe oder das Radio auszuschalten oder Arbeitsplätze zu tauschen. Weitere Möglichkeiten sind flexible Arbeitszeiten, Teilzeit oder Heimarbeitsplätze. Pausen kann man durchaus allein in Ruhe verbringen und so dem erhöhten Rückzugsbedürfnis entgegenkommen.

Jeder sollte für sich die Vor- und Nachteile abwägen. Manche Gegebenheiten sind einfach zu akzeptieren. Wenn die Vorteile des Arbeitsplatzes überwiegen, sollte das auch kein Problem sein.

Leistung

Leistung ist nicht immer erkennbar und wird nicht immer gleich bewertet.

▶ Leistung muss erkennbar sein
▶ Qualität ist nicht gleich Qualität: 80% = 100%
▶ Optimierung ist nicht immer erwünscht

Als Konsequenz bieten sich folgende Leitsätze an:

  • Tue Gutes und rede darüber.
  • Pack' die Boxhandschuhe dann aus, wenn es sich lohnt.
  • Setze Scheuklappen auf, auch wenn es schwer fällt. Die Firma wird es überleben.

Wertschätzung

Mir wird es immer ein Rätsel bleiben, warum viele Arbeitgeber nicht mehr in die Beachtung und Förderung ihrer Mitarbeiter investieren und zwar aus eigenem Interesse.
Ein Mitarbeiter, der sich wohl fühlt, leistet mehr. Mit sehr überschaubarem Aufwand und einer wertschätzenden Unternehmenskultur könnten eine Leistungssteigerung und damit eine Gewinnmaximierung quasi wie von selbst erfolgen.

Vorstellungsgespräch:
"Was sind ihre Stärken?"
"Meine Hochsensibilität!"
"Ah ja - und was bedeutet das?"
"Das heißt ... - bla bla bla
"bla bla bla ..."
"Ach so..."
('Abgelehnt - Schwätzer')

Relevanz

Die meisten Berater im Bereich Hochsensibilität und viele Hochsensible selbst halten eine Aufklärungsarbeit gerade in der Wirtschaft für dringend notwendig.

Ich habe da meine Zweifel.

Wenn Hochsensibilität eine Relevanz in der Arbeitswelt erfährt, besteht die für mich realistische Gefahr, dass Hochsensibilität zu einem Klischee-behafteten Massenphänomen wird und der prozentuale Anteil von Hochsensiblen plötzlich in die Höhe schnellt
Weder gibt es gesicherte Tests noch können die meisten Arbeitgeber Hochsensibilität erkennen.

Viel wichtiger ist allerdings ein Umdenken, das den einzelnen Mitarbeiter wieder in den Fokus rückt. Jeder gute Arbeitgeber sollte das Potenzial seiner Mitarbeiter nutzen, Hochsensible selbst sollten ihm dabei helfen, es zu erkennen.

Ein guter Arbeitgeber muss das Persönlichkeitsmerkmal nicht explizit kennen und bei den anderen nutzt es nichts, ist sogar eher kontraproduktiv.

Fazit

Change It

Aber kann es sich eine Gesellschaft wirklich auf Dauer leisten, das vorhandene Potenzial jedes Einzelnen zu ignorieren?



Zum Schluss eine kleine Anekdote eines von mir sehr geschätzten Menschen:

Max jobbte während seines Studiums in einem großen Automobilkonzern und war dort für die Qualitätskontrolle der Bremsscheiben zuständig.
Er geriet gehörig ins Schwitzen, weil er gemäß seines Qualitätsbewusstseins die Dicke jeder Bremsscheibe nachmaß.
Erst als man ihm mitteilte, Stichproben seien völlig ausreichend, schaffte er die Aufgabe – nun allerdings deutlich unter der Zeit.
Üblicherweise war um 17:00 Uhr Schichtende und alle begaben sich gleichzeitig in die Duschräume, so dass es dort regelmäßig zu Staus und Wartezeiten kam.
Max war aber, wie einige andere auch, deutlich vor Schichtende fertig und ging zwecks Optimierung eher in die Dusche, während die anderen die Zeit 'ablungerten'.
Leider verstieß er damit gegen die Regeln und wurde vom Schichtleiter direkt aus der Dusche geholt mit dem Hinweis, Schichtende sei um 17:00 Uhr, keine Sekunde früher.
Eine seiner Qualitätskontrollen ergab, dass mehrere Bremsscheiben zu dünn angefertigt wurden. Die betroffenen Teile wurden zunächst zwar zur Seite gestellt, gingen aber letztendlich doch in die Endmontage.
Es ging ja 'nur' um ein Verschleißteil, bei dem man keine Regressansprüche befürchten musste.
Max hat in diesem Unternehmen nicht noch einmal gejobbt.